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Frauen für Frauen

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„Ich weiß gar nicht, ob ich hier so richtig bin.“ Diesen Satz hören Karoline Mann und ihre beiden Kolleginnen sehr häufig. Und in der Regel sind die Frauen, die diesen Satz sagen, bei ihnen genau richtig. Die drei Sozialpädagoginnen sind für das ‚Frauen- und Kinderhaus Uelzen‘ und die beiden angegliederten Beratungsangebote tätig. „Wir sind 24 Stunden sieben Tage die Woche erreichbar. Das Motto ist: Hilfe zur Selbsthilfe. Wir schauen bei jeder Frau einzeln: Was benötigt sie genau für Unterstützung von uns?“, erklärt Swenja Richter.

Das allererste Haus dieser Art, das 1971 in London im Rahmen der Frauenbewegung entstand, war zunächst nur als Treffpunkt gedacht. Aber schnell kristallisierte sich heraus, dass es einen Bedarf gab an Rückzugsmöglichkeiten für Frauen, die sich dem gewalttätigen Ehemann entziehen wollten. Die Polizei hatte damals in solchen Fällen noch keine Handhabe. Das örtliche Domizil eröffneten die Ehrenamtlichen des ‚Frauen- und Kinderhaus e. V. Uelzen‘ gegen einige Widerstände im Jahr 1984. Und der Bedarf ist leider weiterhin vorhanden. Die Ausgangsidee für die Gründung des ersten Frauenhauses, einen Ort des Austauschs und der Solidarität zu schaffen, ist in Uelzen auch im Jahr 2020 noch präsent. Es sei kein betreutes Wohnen, betont Karoline Mann: „Es ist wie eine große WG. Die Frauen sind selbstständig und sollen das auch bleiben.“

Dass sich die Rechtslage für von Gewalt betroffene Frauen seit den Siebzigern erheblich verbessert hat, dafür ist BISS, die „Beratungs- und Interventionsstelle für Frauen zum Gewaltschutzgesetz“, lebendiges Zeugnis. Die drei Mitarbeiterinnen erklären hier das seit 2002 gültige Gesetz und begleiten Frauen bei der Antragsstellung. Opfer von Gewalt und Stalking haben im Rahmen des Gesetzes zahllose Möglichkeiten, den Täter zukünftig auf Distanz zu halten. Ein Gericht kann ihn etwa für bis zu sechs Monate aus der Wohnung verweisen, auch wenn er der Eigentümer ist.Den alltagssprachlichen Ausdruck „häusliche Gewalt“ mögen Britta Hönig und ihr Team übrigens nicht so gern: „Er verschleiert etwas. Wenn man sich Statistiken anguckt, dann sind weit über 80% Frauen und Mädchen betroffen und nur eine geringe Anzahl an Männern. Wir sagen darum ganz direkt: Es geht um Männergewalt gegen Frauen.“ Nicht nur verbale Erniedrigung, Schläge oder Missbrauch fallen unter diesen Begriff. Auch wenn eine Frau nicht selbst über ihre Finanzen verfügen kann, bedeutet das, dass jemand anders, meist Vater oder Ehemann, Gewalt über sie hat. Das ist es auch, was allen Erscheinungsformen gemein ist: Dem Täter geht es um Macht und Kontrolle.

Strukturelle Gewalt ist in unserer Gesellschaft ebenso ein Problem. Bis heute erhalten Frauen für denselben Job nicht denselben Lohn wie Männer. Britta Hönigs Diagnose: „Gewalt gegen Frauen hört nicht einfach auf, sondern wir müssen dafür kämpfen.“ Sie und ihre beiden Kolleginnen tun das nicht nur in der ‚Beratungsstelle gegen Gewalt an Mädchen und Frauen‘ in telefonischen und persönlichen Gesprächen mit Betroffenen und Dritten. Sie gehen auch in öffentliche Einrichtungen, leisten Aufklärungsarbeit, informieren über ihr Angebot. „Zumindest im Normalzustand“, ergänzt Caroline Mann: „Ein großes Dankeschön an die Menschen, die an uns gedacht haben während der Coronazeit. Gerade ganz am Anfang, da haben einige angerufen und gespendet, also Sachspenden: Bücher, Kindersachen. Das macht was mit den Frauen und den Kindern – und mit uns natürlich auch.“

Neben toller Unterstützung entspringen der Gesellschaft aber auch Vorurteile. Swenja Richter etwa hat den Eindruck, dass der Glaube, viele der Frauen gingen sowieso irgendwann wieder zurück, sehr weit verbreitet ist. „Das kann ich nach diesen sechs Jahren, in denen ich hier tätig bin, nicht bestätigen. Ich erlebe Frauen, die sich ein neues Leben aufbauen in einer eigenen Wohnung, das viel, viel positiver verläuft.“ Karoline Mann bekräftigt: „Ich glaube auch, wenn sie sich entschlossen haben, Kontakt zu uns aufzunehmen, im Frauenhaus oder der Beratungsstelle, dann haben sie eine Entscheidung getroffen und gehen ihren Weg. Und wir tun natürlich alles, um sie zu unterstützen.“, Und zwar ganz egal, ob es um sexualisierte Gewalt geht, um Belästigung am Arbeitsplatz oder um Cyberstalking oder ob sich eine Frau nur ganz unbestimmt unwohl fühlt in ihrer Partnerschaft. Bei Britta Hönig, Karoline Mann und Swenja Richter findet jede ein offenes Ohr bei einer Tasse Kaffee oder Tee, anonym und kostenlos.

[Katharina Martha Hartwig]

Frauen- und Kinderhaus
Telefon: 0581 77999, Notfall-Handy: 0171 1763514,
E-Mail: frauenhaus.uelzen@t-online.de
Beratungsangebote
Telefon: 0581 3892820